Preisberechnung für Medikamente aktuell
Nach der Formel: Einkaufspreis + 3% + 0,21€ + 0,20€ + 8,35€ = Netto-Verkaufspreis + 19% MwSt = Brutto-Verkaufspreis
3% sind der Ausgleich für das Lagerrisiko
0,21€ sind eine Umlage für den Nacht- und Notdienstfonds (durchlaufender Posten)
0,20€ sind eine Umlage für die pharmazeutischen Dienstleistungen (durchlaufender Posten)
8,35€ sind das Apothekenhonorar; davon müssen 2,00€ als Rabatt den Krankenkassen gewährt werden
Hier einige Beispielrechnungen für verschiedene Medikamente:
Ibuprofen 600mg 20 St (Schmerzmittel)
2,00€ EK + 0,06€ + 0,20€ + 0,21€ + 8,35€ = 10,82€ + 19% MwSt = 12,88€
Die Apotheke verdient an diesem Medikament 6,41€ (0,06€ + 8,35€ - 2,00€)
Eliquis 5mg 200 St (Blutverdünner)
202,39€ EK + 6,07€ + 0,20€ + 0,21€ + 8,35€ = 217,22€ + 19% MwSt = 258,49€
Die Apotheke verdienst an diesem Medikament 12,42€ (6,07€ + 8,35€ - 2,00€)
Xtandi 40 mg 112 St (Krebsmedikament)
2539,59€ + 76,19€ + 0,20€ + 0,21€ + 8,35€ = 2624,54€ + 19% MwSt = 3123,20€
Die Apotheke verdient an diesem Medikament 82,54€ (76,19 + 8,35€ - 2,00€)
Berinert 3000 I.E. 20 St (Erbkrankheit: hereditäres Angioödem. Dauertherapie)
82.442,53€ + 2.473,28€ + 0,21€ + 0,20€ + 8,35€ = 84.924,57€ + 19% MwSt = 101.060,24€
Die Apotheke verdient an diesem Medikament 2.479,63€ (2.473,28€ + 8,35€ - 2,00€)
Aber: Apotheken müssen die Medikamente bis zu 8 Wochen vorfinanzieren. Das Medikament wird eingekauft und die Apotheke muss dieses bezahlen. Das Rezept (wie ein Scheck) wird zum Monatsende abgerechnet. Die Zahlung erfolgt über ein Rechenzentrum. Diese Zahlung wird ca. zum 25. des Folgemonats an die Apotheke überwiesen.
Wenn wir von den oben beschriebenen Medikamenten am 01. Mai je eine Packung bestelle und den Patienten versorge, müssen wir die Ware also zwischenfinanzieren. Die Zahlung vom Rechenzentrum erhalten wir 54 Tage danach.
Die Zinsen für einen kurzfristigen Warenkredit liegen bei etwa 10-15%. Wir rechnen mit 12,5% Zinsen.
Für die oben berechneten Medikamente ergeben sich also folgende Kosten für die Finanzierung:
Ibuprofen 600mg 20 St
VK = 12,88€
Zinskosten = 0,24€ => als Gewinn verbleiben 6,17€
Eliquis 5mg 200 St
VK = 258,49€
Zinskosten = 4,85€ => als Gewinn verbleiben 7,57€
Xtandi 40 mg 112 St
VK = 3.123,20€
Zinskosten = 58,56€ => als Gewinn verbleiben 23,98€
Berinert 3000 I.E. 20 St
VK = 101.060,24€
Zinskosten = 1.894,88€ => als Gewinn verbleiben 584,75€
Davon müssen noch 100€ Pflichtbeitrag für die Apothekerkammer abgezogen werden.
Pläne der Bundesregierung
Der prozentuale Aufschlag soll von 3% auf 2% gesenkt werden. Der feste Honorarbestandteil soll dafür erhöht werden, sodass es zu einer Umverteilung der Marge kommt. Nach dem vorliegenden Entwurf zur Apothekenreformgesetz soll der feste Bestandteil auf 9,00€ erhöht werden.
Dann rechnet es sich nicht mehr höherpreisige Medikamente zu liefern. Ab etwa 1.200€ Einkaufspreis können die Patient:innen nicht mehr versorgt werden.
Bereits jetzt würde kein Kaufmann Ware im Wert von 80.000€ netto liefern für eine Marge von 585€. Bei dem oben genannten Medikament "Berinert" muss ein Apotheker sogar 242€ bezahlen, um das Medikament zu liefern.
Dazu kommt, dass wir als Apotheke das Risiko eingehen, dass das Rezept von der Krankenkasse gar nicht bezahlt wird. Wenn wir einen Formfehler übersehen wie beispielsweise eine nicht korrekte Angabe im Arztstempel, kann die Krankenkasse die Bezahlung dieses Rezepts komplett verweigern – inkl. Einkaufspreis. Die Apotheke versorgt die Patient:innen dann aus eigener Tasche.
Schon jetzt haben Patient:innen Schwierigkeiten, eine Apotheke zu finden, die das Risiko eingeht, hochpreisige Medikamente zu liefern. Davon sind oft schwerstkranke Kinder, Krebs- und Rheumapatienten betroffen. Bei einer Absenkung des prozentualen Aufschlags werden nur noch wenige Apotheken diese Medikamente liefern.
